Bei der internationalen SiliconPV-Konferenz, die in diesem Jahr vom 8. bis 10. April in Leuven, Belgien, stattfand, werden traditionell die 10 besten eingereichten Abstracts ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr gratulieren wir zwei unserer Kollegen, deren Arbeiten aus über 200 Abstracts aus über 20 Ländern ausgewählt wurden. Dr. Sören Schäfer und Dr. Dominic Walter bekamen die Auszeichnung für ihre Beiträge „26%-efficient and 2 cm narrow interdigitated back contact silicon solar cells with passivated slits on two edges“ sowie „Easy-to-Apply Methodology to Measure the Hydrogen Concentration in Boron-Doped Crystalline Silicon“.
Dr. Sören Schäfer studierte Physik an der Philipps Universität Marburg, und kam 2012 als Promotionsstudent ans ISFH. Seit Abschluss seiner Dissertation 2018 zur Entwicklung von neuartigen Lichteinfangstrukturen für Si-Solarzellen arbeitet er als Postdoc an der Implementierung von passivierenden „poly-Si on oxide“ (POLO) Kontakten in industrielle Si-Solarzellen.
Im Februar 2018 konnten das ISFH und das MBE-Institut der Leibniz Universität Hannover mit einer Effizienz von 26.1 % einen neuen Weltrekord für Solarzellen auf Bor-dotierten Silizium-Material erzielen (siehe Mitteilung vom 6.2.2018). Solarzellen mit derartig hohen Energie-Umwandlungseffizienzen sind insbesondere für Anwendungen geeignet, bei denen mit einer stark begrenzten Fläche ein maximaler Energieertrag gewonnen werden muss. Ein Beispiel hierfür ist das Dach eines Elektroautos, dessen Energiebedarf zum Teil durch Photovoltaik gedeckt werden soll („vehicle integrated PV“).
Für einen maximalen Energieertrag auf Autodächern braucht es jedoch mehr als sehr gute Solarzellen: erstens sollte zwischen den einzelnen Solarzellen möglichst kein Zwischenraum „verschenkt“ werden, und zweitens müssen die Solarzellen der Wölbung des Autodaches folgen. Bei eigentlich unflexiblen Silizium-basierten Solarzellen bietet die sogenannte Schindeltechnologie eine attraktive Lösung. Dabei wird die Dachwölbung, ähnlich wie bei einem Mosaik, durch viele schmale Zellstreifen nachvollzogen, die einseitig überlappend verschaltet werden.
Aus Praktikabilitätsgründen werden dafür zunächst große Solarzellen produziert, die dann nachträglich in viele kleine Streifen zerteilt werden. Dieser Zerteilungsprozess, der zumeist durch einen Laser erfolgt, führt zu geschädigten bzw. unpassivierten Schnittkanten und damit zu Rekombinationsverlusten und zu einer deutlichen Verringerung der Zelleffizienz. Diese Verluste sind umso höher, umso schmäler die Zellstreifen werden und umso höher die Ausgangs-Zelleffizienz ist.
Als Schwerpunkt des preisgekrönten SiliconPV-Konferenzbeitrages von Dr. Sören Schäfer wurden diese Randverluste systematisch untersucht. Er konnte zeigen, dass sich bei geeigneter Prozessführung die Randverluste nahezu komplett unterdrücken lassen. Selbst auf einer nur 2 cm schmalen Si-Solarzelle konnte eine Effizienz von 26% erreicht werden.
Dr. Dominic Walter studierte Physik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Von 2011 bis 2016 fertigte er am ISFH seine Doktorarbeit zur permanenten Deaktivierung von Bor-Sauerstoff-korrelierten Defekten in Silizium an. Nach Abschluss der Promotion übernahm er am ISFH die Leitung eines Projektes, das die industrielle Umsetzung dieser Deaktivierung zum Ziel hat.
Eine wichtige Frage bei Defekten in Silizium ist, inwiefern es Wechselwirkungen mit Wasserstoff gibt. Solche Wechselwirkungen wurden von mehreren Gruppen berichtet, allerdings meistens ohne einen direkten Nachweis des Wasserstoffs im Silizium. Dies lag vor allem daran, dass die gängigen Methoden für den Nachweis und die Messung der Konzentration von Wasserstoff sehr aufwändig sind. Darüber hinaus liegen im Sillizium häufig Konzentrationen vor, die unterhalb der entsprechenden Nachweisgrenzen liegen.
In seinem ausgezeichneten Beitrag stellte Dr. Dominic Walter nun vor, dass mittels einfach durchzuführender Messungen des spezifischen Widerstands von Silizium-Wafern die Wasserstoff-Konzentration im Silizium bestimmt werden kann. Je nach Genauigkeit der Widerstandsmessung ist hierbei eine Nachweisgrenze von 2 × 1013 cm-3 zu erwarten. Die Methode beruht auf dem theoretischen Verständnis der Bildung von Bor-Wasserstoff-Paaren und der damit verbundenen Änderung der Leitfähigkeit des Siliziums.
Weitere Details sind in Kürze in der renommierten Fachzeitschrift „Solar Energy Materials and Solar Cells“, in der die mit dem SiliconPV-Award ausgezeichneten Beiträge veröffentlicht werden, nachlesbar.
Die internationale SiliconPV-Konferenz wird von den renommierten europäischen Forschungsinstituten EPFL, Fraunhofer ISE, imec, CEA-INES, Universität Konstanz, ECN und ISFH organisiert und abwechselnd ausgerichtet. Im kommenden Jahr wird, das ist ein Novum, die SiliconPV-Konferenz erstmals außerhalb Europas stattfinden – in Hangzhou, China.